Konzeptfrei leben

Von Beate Bock und Martin Rump

„Es war zum verrückt werden! Da hatten die Meister mir immer wieder gepredigt, wie wichtig es sei, auf die Gesundheit des Körpers zu achten und mir nahe gelegt, eine mehrwöchige Diät mit ausgewählten Nahrungsmitteln zu machen um bestimmten, schädlichen Darmbakterien die Lebensgrundlage zu entziehen. Doch kaum hatte ich die Aufgabe der Meister erledigt und hatte auch das letzte dieser Bakterien ausgehungert, verordneten sie mir, auf die Diät zu pfeifen und fortan alles zu essen, worauf ich Lust hätte. Ja, was denn nun? Ist es nun wichtig auf die Ernährung zu achten oder nicht?

 

Diese Episode ist viele Jahre her, aber der Zustand einer gewissen „konzeptionellen“ Verwirrung hat mich die ganzen 14 Jahre begleitet, in denen ich mit den Meistern zusammen arbeite. Gerade wenn ich dachte, nun wirklich den Stein der Weisen gefunden zu haben – nahmen sie ihn mir wieder weg und hielten mich an, genau das Gegenteil zu tun. Dahinter steckte Methode und obwohl sie sich durch alle Bereiche meines Lebens zog, kann man sie wohl nirgends so wunderbar verdeutlichen wie beim Thema Essen.

 

Schon gleich zu Beginn der Zusammenarbeit mit den Meistern schlugen sie mir vor, wieder Fleisch zu essen. Und das mir, einer fast militanten Vegetarierin, die davon überzeugt war, dass Fleischessen ein Ausdruck spiritueller Rückständigkeit und Verantwortungslosigkeit war.

 

Nachdem ich ein paar größere Widerstände überwunden hatte, tat sich mir eine neue Welt auf: Mit einem Mal konnte ich im Restaurant zwischen allen Gerichten wählen und das essen, worauf ich wirklich Appetit hatte, und nicht, was ich glaubte, spirituell korrekterweise essen zu müssen.

 

Kaum hatte ich diese Hürde genommen, gab es die nächste Herausforderung: Essen ist nicht gleich Essen, meinten die Meister – es käme in Wirklichkeit auf sein Energieniveau an. Fleisch-Essen z.B. wäre gut um sich zu erden, Salate und Gemüse würden „leichter“ machen. Aha! Vor Seminaren aß ich fortan einen gemischten Salat oder Obst und ich flog mit Leichtigkeit in höhere Sphären, nach Seminaren (oder vor Steuererklärungen) gab es eine Curry-Wurst oder ein anderes „schweres“ Essen und die Erde hatte mich mit einem heftigen „Rumms“ wieder.

 

Doch auf Dauer ließen mir die Meister auch dieses doch äußerst praktische Konzept nicht durchgehen. Es wäre ab jetzt viel wichtiger, darauf zu achten, wie ein Nahrungsmittel hergestellt und zubereitet worden ist bzw. wie es gelebt hat und getötet worden war – diese Richtlinien würden von nun an das wirklich „echte, bessere, weil energiereichere“ Niveau eines Nahrungsmittels ausmachen – und zwar völlig unabhängig davon, ob es sich äußerlich um Fleisch, Gemüse oder Obst handeln würde.

 

Doch kaum hatte ich auch das trainiert, hieß es fortan „Geist steht über Materie“ und ich könne jedwede Nahrung so mit Energie aufladen, dass sie mir schmeckt und bekommt.

 

Puh! Konzept folgte auf Konzept – nicht nur beim Essen -, jedes Konzept war gut begründet und jedes funktionierte. Welches war denn nun das richtige?

 

Kein Konzept ist richtig, meinen die Meister, und keines ist falsch. Aber es wäre von Vorteil, alle Konzepte zu kennen und zu beherrschen und mit keinem verhaftet zu sein, um sich in jeder Situation angemessen verhalten zu können.

 

Wenn man z. B. als Forscher in Afrika arbeitet, so die Meister, wäre es gut, die von Eingeborenen evtl. als Friedensangebot angebotenen Maden essen zu können, ohne sich vor Ekel zu winden; wenn man wiederum in hygienisch zweifelhaften Umständen speist, sollte man Krankheitskeime neutralisieren können; wenn man liebloses Essen vorgesetzt bekommt, sollte dies einen nicht schwächen und wenn man in irgendeiner Wüste unterwegs ist, sollte man darauf vertrauen, dass es das große Eine schon arrangiert, dass man nicht verhungert usw., usw. Und last but not least sollte man, wenn es denn erforderlich ist, auch gänzlich ohne Nahrung auskommen können.

 

Es geht den Meistern also in Wirklichkeit nur darum, dass wir uns in jeder Situation vollkommen frei entscheiden können. Letztendlich nämlich, und das ist der Clou des Ganzen, gäbe es an sich keine einzige ursächliche Verknüpfung z.B. von Essen und unserem Wohlergehen – außer wir stellen sie her! Überhaupt wären wir in der Wahl aller unserer Verknüpfungen so frei, wie die meisten von uns es sich nicht einmal in ihren kühnsten Träumen vorstellen könnten.

 

Machen wir uns also auf den Weg in ein konzeptfreies Universum, was immer das dann ist, aber es scheint – nach den Meistern – ein wunderschönes Land zu sein. Denn dort ist man frei und kann alles erschaffen, was man will, ohne ein einziges Konzept zu brauchen.

 

Zu dumm nur, dass auch das wieder ein Konzept ist …“

Weitere Informationen

Hier herunterladen: Original-Zeitschriftenartikel „Konzeptfrei leben“ im PDF-Format, erschienen in der „SEIN„, Berlin, Ausgabe August 2003. Wenn Sie mehr über diese esoterische Zeitschrift erfahren möchten, klicken Sie hier: www.sein.de.